- Ein Schwert aus der Traumschmiede
Historischer Schwertkampf
Eine kleine Abhandlung aus meiner persönlichen Sicht als Hobby-Schwertkämpfer.
Schwertkampf wird im Allgemeinen auf zwei Arten wahrgenommen:
Einmal als ästhetischer, tötlicher, meditativ-explosiver
fernöstlicher Schwertkampf mit Katana und Ken und ein wenig
Samurairomantik wie im "LastSamurai" -
und zum anderen als grobschlächtiges Schneide auf Schneide dreschen, wie es
in den Ritterfilmen und auf den Mittelaltermärkten nur allzuoft zu sehen ist.
Diese Unterteilung in edel-asiatisch und grobschlächtig-europäisch ist natürlich Dummfug.
Um Wolfgang Abart zu
zitieren: Niemand führt über Jahrhunderte Krieg, bildet eine
Kriegerkaste aus (die Ritter), und prügelt dann so aufeinander ein,
daß hinterher die Schwerter kaputt und die Entscheidung nach
minutenlangen Kämpfen immer noch nicht gefallen ist.
Zumal wir es besser wissen: Es sind etliche Fechtbücher überliefert,
die recht genau, auch bebildert, schildern, wie man denn nun zu fechten hat.
(Etwa von Hans Talhoffer mit Büchern von 1443 bis 1467). Da wird
trickreich gerungen und gefochten. Kein Samurai hätte diese Kampfkunst
mit Verachtung angesehen - die Schwerter unserer Vorfahren übrigens
auch nicht. Entgegen weit verbreiteter Ansicht (auch der "Fachwelt", in einem
solchen Gebiet tummeln sich da so einige seltsame Gestalten...) war weder
die Schmiedekunst des Mittelalters ungenügend um scharfe und doch
leichte Waffen zu schaffen, noch war die Kampfkunst auf grobschlächtige
Barbaren reduziert, die überschwere Riesenwaffen so verwendet hätten
wie Bud Spencer seine Fäuste.
Die Wiederentdeckung der alten Kunst bedeutet für uns allerdings eine grössere Anstrengung als für etwa die Japaner: Dort ist nie verloren gewesen, was bei uns mit Aufkommen der Schußwaffen bestenfalls als Sportfechten und studentisches "Schlagen" überlebt hat. Auch die Kunst, Schwerter zu schmieden, ist bei uns weitgehend vergessen worden. Man muss dankbar sein für Leute wie den Archäologen Stefan Mäder oder die Schmiede Karl Aldinger und Arno Eckhardt, die sich intensiv damit beschäftigt haben, was ein gutes Schwert ausmacht und wie man es herstellt.
Ich selbst bin Schüler der Lebendigen Schwertkunst in Tübingen. Dort wird mit möglichst guten Repliken der Waffen "unserer Zeit" (etwa 1450) und Schulwaffen (Holzschwertern, Fechtschwertern nach Aldinger, Dussacks etc.) versucht, die Kampfkunst unserer Ahnen zu rekonstruieren und umzusetzen. Und das ist der Kern der Sache: Wiederentdecken, was die Vorfahren konnten. Selber erlernen, was es bedeutet, ein Schwert zu führen.
Ganz zu schweigen davon, daß Schwertkampf auch eine mentale Seite hat, die vielfältige Auswirkungen auf einen selbst und die Umwelt haben kann. Daß ich Wolfgang Abarts Ansichten, was "KI" bewirken kann, nicht teile, weil ich extrem anti-esoterisch eingestellt bin, heißt nicht, daß ich die Existenz mentaler Hilfsmittel abstreite. Im Übrigen sind diese Leute allesamt viel bessere Kämpfer als ich, also ist meine Beurteilung dieser Dinge vielleicht nicht so relevant.
In meinem Fall kommt natürlich noch dazu, daß ich gerne gewandet auf
Mittelaltermärkten und -festen einhergehe, mit meinem viel zu schweren tschechischen Anderthalbhänder an der Seite,
Köcher und Bogen nicht zu vergessen. Ich fände es einfach albern, mit diesen Dingen nicht umgehen zu
können, wenn ich sie schon großkotzig durch die Gegend schleppe.
Manchmal sehe ich aber Leute auf solchen Märkten, die angetrunken mit
Schwertern aufeinander einhacken und/oder Zuschauer gefährden. Das
erweckt den unwillkürlichen Wunsch, daß die Jungs sich endlich
gegenseitig erschlagen mögen, damit Ruhe ist. In solchen Momenten verstehe
ich, woher all diese Vorurteile über europäischen Schwertkampf kommen.
Das sind aber keine Schwertkämpfer, das sind Testosteron-geplagte
Schwachköpfe, wie sie leider auch in anderen Kampfsportarten zu
beobachten sind. (Ey, ich kann Karate! Auf die Schnauze, oder was?)
Hier kann Schwertkampf, wie er z.Bsp. bei uns gelehrt wird, helfen, Selbstkontrolle und Verantwortung zu lernen. Blöde Haudraufs findet man bei uns nicht.
Letzte Änderung am 8.4.2012